Neue Kommunikationsformen, Diskussionen zu zukunftsweisenden Themen, Studienreisen und regionale Workshops: Das Angebot, das die Start-Stiftung jungen Menschen unterbreitet, ist vielschichtig und darauf ausgelegt, Orientierung zu geben in einer sich rasant verändernden Welt. Es sei schon toll, was da im Rahmen des dreijährigen außerschulischen Bildungs- und Engagementprogrammes geboten werde, erklärt der Oytener Mohamad Hazouri, der selbst in Genuss eines Stipendiums der Stiftung gekommen ist. Allerdings bedauert er, dass pandemiebedingt nicht alle Aktionen umgesetzt werden konnten. Auch die mehrstündige Abschlussfeier mit Comedy-Show und DJ verlief am Sonnabend nur digital, eine Abschlusskappe wurde vorab per Post übersandt.
Knapp sechs Jahre sind vergangen, seit der heute 22-Jährige mit seiner Familie in Bremen eintraf. Hinter den Eltern und den fünf Kindern lagen damals der Abschied von der syrischen Heimat und ein anderthalbjähriger Aufenthalt in der Türkei. Relativ schnell gelang es dem Familienvater, wieder Anschluss ans Berufsleben zu finden und in einer Klinik in der Hansestadt als Chirurg tätig zu sein. Die Kinder indes engagierten sich in verschiedenen Kursen und Schulformen beim Erlernen der deutschen Sprache. Schon damals habe er ein hohes Maß an Hilfsbereitschaft verspürt und die Unterstützung der Start-Stiftung als Neuankömmling dankbar genossen, beschreibt Mohamad Hazouri den Beginn seiner schulischen Laufbahn. Mittlerweile haben er und einer seiner Brüder das Abitur abgelegt und damit die Weichen für die Zukunft gestellt.
Demokratie lebendiger machen
"Die durch Start geförderten Stipendiaten haben ausnahmslos einen Migrationshintergrund", berichtet der junge Mann. Der Schwerpunkt der dreijährigen Begleitung sei hauptsächlich in der Mitgestaltung der Gesellschaft zu sehen. Treffen mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Diskussionen mit Menschen aus anderen Kulturkreisen und mit anderen Weltanschauungen sollen dazu führen, die Demokratie in Deutschland lebendiger und vielfältiger zu machen. Rhetorik-Seminare und Erlebnispädagogik sowie verschiedene Kommunikationstrainings seien dabei gutgewählte Mittel zum Zweck gewesen. "Mir persönlich ist es wichtig, irgendwann etwas zurückzugeben an die Gesellschaft, die mich auf verschiedene Weise aufgefangen und begleitet hat", sagt Hazouri. Dazu gehöre zum Beispiel auch der wöchentlich erteilte Deutschunterricht durch einen freundlichen Nachbarn.
Auch Spiel, Spaß und Spannung hatten ihren Platz im Programm. So fanden während eines Sommer-Camps 2019 in Brandenburg Kanufahrten statt, und Workshops zu den Themen Sport und Kunst haben bleibende Eindrücke hinterlassen. Da wegen Corona viele Pläne nicht in die Tat umgesetzt werden konnten, unterstützt Start die Jugendlichen ein weiteres Jahr, freut sich Mohamad Hazouri. Die Community sei ihm überaus wichtig, da er über sie soziale Kontakte knüpfen konnte, gelernt habe, frei zu sprechen, und einfach mal alles rauszulassen. Die Seminare seien ein unbeschwerter Ausflug vom Alltag.
Hoffnung auf Wunsch-Studium
Ein einziger Punkt in dem an sich so erfolgreichen Lebenslauf stört den jungen Mann. So bedauere er es, im Abitur den für ein Studium der Zahnmedizin erforderlichen Notenschnitt von 1,3 knapp verfehlt zu haben. Über ein freiwilliges soziales Jahr in einem Krankenhaus und verschiedene Testläufe hoffe er jedoch, Punkte als Ausgleich sammeln zu können. Die Universitäten in Münster, Erlangen und Tübingen hätten die Latte im Übrigen nicht ganz so hoch gehängt, gibt er sich zuversichtlich und hofft, im kommenden Sommer beginnen zu können.
Auch nach dem offiziellen Ende der Förderung werde es ihm möglich sein, mit den Stipendiaten über das Netzwerk von Start-Alumni in Verbindung zu bleiben. Der Verein, dem er sich unbedingt anschließen möchte, bestehe innerhalb der Stiftung aus Ehemaligen, die mittlerweile in den Bereichen Soziales, Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik hauptberuflich oder ehrenamtlich tätig sind. „Young Professionals eben, die Diversität und gesellschaftliche Vielfalt repräsentieren“, konstatiert Mohamad Hazouri und schmunzelt dabei.