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Endlich wieder Rimini – Saisonstart an der Adria

20 Quadratmeter pro Sonnenschirm und Familie: Die Badestrände an der italienischen Adriaküste haben geöffnet und rüsten sich für Urlauber – auch aus Deutschland. In Rimini tummeln sich schon jetzt die ersten Touristen.
Rimini in Italien: Am Bagno 62 platziert ein Mitarbeiter Sonnenschirme am Strand Rimini in Italien: Am Bagno 62 platziert ein Mitarbeiter Sonnenschirme am Strand
Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren: Am Strand platziert ein Mitarbeiter des Bagno 62 Sonnenschirme
Quelle: pa/ANSA/PASQUALE BOVE

Barfüßig, in kurzer, blauer Hose und einem weißen Polohemd, an dem auf Brusthöhe die Nummer 62 prangt, steht Mauro Vanni vor dem Bagno 62 im Sand. Der Mittfünfziger ist Inhaber der Badeanstalt in Rimini – und er ist Sprecher der 160 Mitglieder zählenden Vereinigung der Badestrandbetreiber Rimini Süd.

In dieser Funktion hat Vanni in den vergangenen Tagen bereits mehrere Interviews gegeben. Seine Stimme klingt heiser. Mitte Mai haben in Italien die Badestrände geöffnet. Noch sind nicht sämtliche Arbeiten abgeschlossen, doch in Rimini tummeln sich bereits etliche Besucher.

Im zweiten Sommer der Corona-Pandemie ziehen die Tourismusbetreiber Zwischenbilanz, ein Thema, bei dem Vanni schnell die Galle hochkommt. „Da gab es voriges Jahr vor Saisonbeginn doch tatsächlich den Vorschlag, die Urlauber sollten am Strand hinter Plexiglas liegen. Dabei weiß jeder, dass das wegen der höllischen Temperaturen nicht auszuhalten wäre. Solche Meldungen“, sagt Vanni vor Empörung heftig gestikulierend, „wurden auch von der ausländischen Presse aufgegriffen und haben großen Schaden angerichtet“.

Anfragen meist von Urlaubern aus Italien

Nur langsam beruhigt sich der Badestrandbetreiber, der im benachbarten Riccione in der Pfarrkirche Gesù Redentore das geistliche Amt eines Diakons bekleidet und seine Verbundenheit mit Christus durch ein Holzkreuz und eine kleine Marienkapelle an seinem Bagno zum Ausdruck bringt.

Auf die kommende Saison blicke er eigentlich ganz zuversichtlich, meint er dann. Schon allein, weil es in Italien zügig vorangehe mit den Impfungen. So gebe es in Rimini bereits viele Gästeanfragen, allerdings fast ausschließlich von Italienern.

Italien: Mauro Vanni, Inhaber der Badeanstalt Bagno 62 in Rimini, blickt zuversichtlich auf die kommende Saison
Mauro Vanni, Inhaber der Badeanstalt Bagno 62 in Rimini, blickt zuversichtlich auf die kommende Saison
Quelle: pa/ANSA/PASQUALE BOVE

In Italien gibt es seit Ende April einen nationalen Green Pass: Jene, die nachweislich geimpft oder genesen sind oder ein negatives Corona-Testresultat vorweisen können, dürfen sich frei innerhalb der Regionen bewegen und auch die Innenbereiche von Restaurants besuchen.

„Nun warten wir auf die Einführung des europäischen Impfpasses“, sagt Vanni. „Wir brauchen die ausländischen Urlauber, speziell die Deutschen, sie sind nach den Italienern unsere wichtigste Besuchergruppe.“

Ab Mitte Juli Flüge von Deutschland nach Rimini

Auch wenn man nicht mehr wie in den 70er-Jahren vom „Teutonengrill“ spricht – mit 15 Kilometern Strand bildet das 150.000 Einwohner zählende Rimini immer noch ein Zentrum des Badetourismus in der Region Emilia-Romagna. „Bis zum Ausbruch der Pandemie hatten wir ein stabiles Gästeniveau von über sechs Millionen Übernachtungen im Jahr “, sagt Jamil Sadegholvaad.

Er ist Assessor für öffentliche Sicherheit und Wirtschaft und empfängt in seinem Büro im Rathaus, von wo man über die mit Tonziegeln bedeckten Altstadthäuser blickt. „2020 kamen wir mit einem Minus von etwa 50 Prozent noch halbwegs gut davon, und das auch nur, weil sich die Italiener ihren Urlaub am Strand nicht nehmen lassen wollten“, berichtet der Lokalpolitiker.

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Den Erfolg der Vor-Corona-Jahre führt er auf die gute Erreichbarkeit seiner Gemeinde zurück. Bologna, die Hauptstadt der Emilia-Romagna, liegt lediglich eine Zugstunde von Rimini entfernt. „Nach Bologna gibt es ab Juni Direktflüge aus Deutschland, ab Mitte Juli dann auch Flüge nach Rimini“, sagt Sadegholvaad.

Viel Nachholbedarf wegen Corona

Was die Pandemie betreffe, sei man bestens vorbereitet, man setze auf die bewährten Regeln des Vorjahres wie tägliches Desinfizieren der Badeliegen und Umkleidekabinen sowie separate Zu- und Ausgänge. Anstatt die Sonnenschirme durch Wände voneinander abzutrennen, bemesse man die Zwischenabstände sehr großzügig.

„Das Abkapseln liegt nicht in unserem Naturell. Wir wollen auch am Strand mit anderen kommunizieren“, sagt Sadegholvaad. Um Gefahren vorzubeugen, berechne man in Rimini 20 Quadratmeter pro Sonnenschirm. „In Ligurien, wo alles eng und steil ist, sind es lediglich zehn Quadratmeter.“

Italien: Diese Touristinnen haben gleich den ersten Tag der Badesaison in Rimini für einen Besuch genutzt
Diese Touristinnen haben gleich den ersten Tag der Badesaison in Rimini für einen Besuch genutzt
Quelle: pa/ANSA/PASQUALE BOVE

Zwar gebe es am Strand eine Maskenpflicht, nicht jedoch, wenn man sich an die Bar oder ins Restaurant setze. „Auch beim Baden, beim Sport oder unter dem eigenen Sonnenschirm muss niemand eine Maske tragen“, betont Sadegholvaad.

Im zweiten Corona-Sommer hätten die Menschen viel nachzuholen, glaubt er: „Es wird sicher nicht die erfolgreichste Saison des Jahrzehnts werden. Doch gemessen am langjährigen Durchschnitt hoffen wir, 2021 mit wenigen Minusprozenten durchzukommen“.

„Im Sommer leben wir am Strand“

Sobald das Auto geparkt ist und die Koffer verstaut sind, führt der erste Weg hinunter zum Strand. Gabriele Pagliarini ist für das Bagno 26 verantwortlich. Der tief gebräunte Fünfziger mit dunkler Lockenmähne verkörpert das Beach-Party-Klischee, das man mit einem Bagnino verbindet – so heißen in Italien die Strandbadbetreiber.

„Früher, als einfacher Platzwart, habe ich viel getanzt und geflirtet“, sagt Pagliarini mit breitem Grinsen. Heute ist er Chef von 30 Mitarbeitern – „und jetzt habe ich Stress und mehr Sorgen“. So habe er vergangenes Jahr pandemiebedingt große Einbußen hinnehmen müssen. „Es fehlten einfach die Ausländer, die Russen komplett, und auch viele Deutsche blieben lieber im eigenen Land.“

Italien: Mit 15 Kilometern Strand ist Rimini das Zentrum des Badetourismus in der Region Emilia-Romagna
Schirme und Liegen in Reih und Glied: Mit 15 Kilometern Strand ist Rimini das Zentrum des Badetourismus in der Region Emilia-Romagna
Quelle: Getty Images/Orbon Alija
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Dass es 2021 besser wird, glaubt auch er ganz fest: „Die dritte Welle in Italien flacht ab, die Fallzahlen gehen in allen Regionen zurück“. Freilich werde es wegen Corona und der Abstandsregeln weniger Leute am Strand geben, also weniger Umsatz.

Es gehe jedoch nicht nur um Arbeit und Geld, sagt Pagliarini. „Im Sommer leben wir am Strand. Hier ist dann unser Wohnzimmer.“ Wie zum Beweis zeigt der Bagnino auf ein paar Senioren, die an den Tischen an der Bar Karten spielen. Die Kleinen manövrieren nebenan im Sand mit Plastik-Baggern herum. Am Wassersaum spielen Paare mit hochgekrempelten Hosenbeinen Beach Tennis.

Ein grüner Ring zieht sich um die Altstadt

Dass Rimini moderner und grüner geworden ist, zeigt sich gleich hinter dem Strand am Parco del Mare. Vor den Fassaden der Hotels, wo bis zum Frühjahrsputz der Verkehr durchrauschte, sodass man beim Weg zur Spiagga um das Leben der eigenen Kinder fürchten musste, erstreckt sich nun eine verkehrsberuhigte Sport- und Flaniermeile.

Sitzbänke laden zum Schauen und Verweilen ein. Über 100 Kilometer Fahrradwege gibt es in Rimini, eine Art grüner Ring führt um das Altstadtzentrum mit seinen denkmalgeschützten Bauten herum.

Italien: Rimini ist grüner geworden – das zeigt sich gleich hinter dem Strand im Parco del Mare
Rimini ist grüner geworden – das zeigt sich gleich hinter dem Strand im Parco del Mare
Quelle: picture alliance / ZUMAPRESS.com

An der Mündung des Flusses Marecchia geht es am alten Hafen und an ramponiert wirkenden Fischkuttern vorbei. Am überdachten Fischmarkt in der Via Castelfidardo kann man beobachten, wie elegante Signoras mit den stämmigen Verkäuferinnen Rezepte austauschen. Mit fünf Bögen überspannt der Ponte Tiberio aus hellem Kalkstein den Marecchia-Fluss. Die Brücke aus der Römerzeit bildet den nördlichen Eingang zur Altstadt.

Im Borgo San Giuliano mit seinen engen Gassen und bunt bemalten zweigeschossigen Häusern auf der gegenüberliegenden Seite, heute ein beliebtes Ausgehviertel, wohnten früher die Fischer. Die Piazza Cavour, ein von Palazzi mit Rundbogenfenstern umrahmtes Areal, bildet das Herz Riminis.

Italien: Borgo San Giuliano mit seinen malerischen Gassen ist heute ein beliebtes Ausgehviertel in Rimini
Borgo San Giuliano mit seinen malerischen Gassen ist heute ein beliebtes Ausgehviertel in Rimini
Quelle: pa/robertharding/ProCip

Tagsüber muss man sich hier im Slalomkurs zwischen den Passanten durchschlängeln, abends ist das aus Platzgründen ein noch schwieriges Unterfangen. Auf den Stufen, die zum Rathaus führen, hocken breitbeinig junge Biertrinker. Eine Picknickgesellschaft funktioniert die glatt polierten Marmorbänke des alten Fischmarktes zu Tischen um, der Wein fließt in Strömen, der Lärmpegel ist hoch.

Carabinieri sorgen dafür, dass alles im Corona-regelkonformen Rahmen abläuft. Mit ernster Miene bahnen sie sich einen Weg durch die Menge, die sich bei ihrem Herannahen wie auf ein geheimnisvolles Kommando lichtet.

Viel Natur und reichlich Platz in Rosolina Mare

Wem es in Rimini zu voll ist, der wird sich in Rosolina Mare wohlfühlen. „Wir haben 6000 Einwohner und 9000 Häuser“, erzählt Daniele Grossato. Er ist Vizebürgermeister des zwei Autostunden weiter nördlich im Schwemmgebiet von Etsch und Po liegenden Ortes.

In seiner Funktion ist Grossato auch für den Tourismus zuständig. Er sitzt auf einer Barterrasse am Viale dei Pini, es ist mit Kirche und Piazza, Hotels und Geschäften das Zentrum des Touristendorfes. „Zu uns kommen vor allem Familien, manche seit vierzig Jahren. Kinder können hier nicht verloren gehen“, sagt Grossato.

Dann zählt er weitere Vorzüge von Rosolina Mare auf: viel Natur, gutes Essen und reichlich Platz. Letzteres stellt in Pandemiezeiten ein großes Plus dar. Neben den Vorsichtsmaßnahmen wie regelmäßiges Desinfizieren sollen am Strand von Rosolina Mare 25 Quadratmeter für jeden Sonnenschirm vor Ansteckung sichern, sagt Daniele Grossato.

Um den Gästen einen Urlaub ohne Coronastress bieten zu können, sei kürzlich eine regionale Delegation beim Tourismusminister in Rom gewesen. „Wir wollen erreichen, dass die Angestellten im Tourismus sowie die Lehrer oder das Krankenhauspersonal möglichst schnell geimpft werden.“

Blick vom Aussichtsturm auf die Lagunen

Ein paar Gehminuten den Viale dei Pini hinunter liegt das Bagno Perla. „Die Saison 2021 hat gut angefangen“, sagt Ciro Patrian, der Chef des Strandbades. Er ist verantwortlich für etwa 400 Sonnenschirme sowie ein Terrassenrestaurant mit Palmstroh-Überdachung. Dort sitzen Damen mit großen Sonnenbrillen und tippen auf ihren Smartphones herum. Jeder trägt hier eine Maske, die Corona-Regeln werden respektiert.

Unten am Meer, wo die Strömung sichelförmige Sandbuchten geschaffen hat, sind Spaziergänger und Jogger unterwegs. Wo die Wellen Muschelschalen angeschwemmt haben, knackt es unter den Schuhsohlen. Rechts das Geglitzer der Adria, links am goldgelben, frisch geharkten Sand die Sonnenschirme – und immer mittendurch, Richtung Norden, gelangt man zur Mündung der Etsch.

Von einem Aussichtsturm hat man den perfekten Blick auf die Lagunenwelt rundherum. Auf den Steinblöcken an der Flussmündung sitzt ein einsamer Angler. Als ein Fischkutter an ihm vorbei Richtung Hafen tuckert, wirft die Besatzung den Beifang über Bord, auf den sich zeternde Möwen stürzen.

Mit Beginn der Corona-bedingten Sperrstunde leert sich der Viale dei Pini. Grabesstille legt sich über den Lungomare von Rosolina Mare. Nur die Möwen, die am Strand krächzend ihre Kreise ziehen, haben noch nicht kapiert, dass sie jetzt besser den Schnabel halten sollten.

Rimini in der Emilia-Romagna in Italien
Quelle: Infografik Die Welt

Tipps und Informationen

Anreise: Mit dem Zug von München nach Bologna, dort Umsteigen nach Rimini. Ab Deutschland gibt es momentan nur Umsteigeflugverbindungen nach Rimini, etwa mit Luxair. Lufthansa fliegt nach Bologna, weiter mit Zug oder Mietwagen.

Unterkunft: Unter den rund 1500 Hotels in und um Rimini gilt das „Grand Hotel Rimini“ als bestes Haus am Platz, Doppelzimmer mit Frühstück ab 205 Euro, grandhotelrimini.com.

In Rosolina Mare ist das„Hotel Milan“ empfehlenswert, Doppelzimmer ab 80 Euro, hotelmilan.it

Strände und Auskunft: Rimini hat rund 250 Strandbäder, die sich am 15 Kilometer langen Strand verteilen, am Bagno 26 und am Beach 33 sind Hunde erlaubt; in Rosolina Mare sind die Strände generell ruhiger.

Infos: emiliaromagnaturismo.it; riminiturismo.it; visitrosolina.it; enit.de

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Emilia-Romagna APT Servizi. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.de/unabhaengigkeit.

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