Oper

Attila

Giuseppe Verdi

Dramma lirico in einem Prolog und drei Akten Libretto von Temistocle Solera und Francesco Maria Piave

Premiere 4. Februar 2023

Konzertante Aufführung in italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Stück-Info

Attila, der Hunnenkönig, überrennt auf seinem Siegeszug durch Italien Dörfer und Städte, so auch Aquileja. Während sich die überlebenden Bewohner in die Lagunen retten und nebenbei Venedig gründen, setzt sich Odabella, die Tochter des gestürzten Herrschers, zur Wehr. Beeindruckt von ihrer Tapferkeit verliebt sich Attila in sie. Odabella spielt dem Mörder ihres Vaters Gefühle vor, will jedoch heimlich Rache an ihm nehmen. Zusammen mit dem römischen General und kaiserlichen Gesandten Ezio will ihr wirklicher Liebhaber Foresto den Hunnenkönig durch einen Gifttrank ermorden. Odabella vereitelt dies jedoch, da sie der Meinung ist, dass nur sie sich rächen darf.

Giuseppe Verdis Oper »Attila« aus seiner ersten Erfolgsphase steckt voller Energie. Insbesondere die Auftrittsarie Odabellas als »kriegerisch- auftrumpfende Amazone mit hochdramatisch-virtuosem Stimmeinsatz« zeigt gleich zu Beginn der Oper, mit welcher dramatischen Intensität Verdi die Figuren zeichnet. Das breitflächig angelegte Historiengemälde – ein Kampf zwischen den heidnischen Hunnen und dem christlich geprägten Italien – glänzt insbesondere auch dank der mitreißend gradlinigen Chöre mit ihrem martialisch-heroischen Profil; eine Weiterentwicklung der Chöre aus »Nabucco« (1842). Der Stoff beruht auf der romantischen Tragödie »Attila, König der Hunnen« (1808) des großen deutschen Dramatikers der Romantik, Zacharias Werner. Schon Ludwig van Beethoven war tief beeindruckt und spielte mit dem Gedanken, dieses Werk zu vertonen. Als Librettist arbeitete Verdi sowohl mit Temistocle Solera als auch mit Francesco Maria Piave zusammen. Die geplante Uraufführung in der venezianischen Karnevalssaison im Januar 1846 musste wegen einer schweren Erkrankung Verdis um zwei Monate verschoben werden.

Für die konzertante Aufführung in der Semperoper konnte als Musikalischer Leiter der Verdi-Spezialist Jordi Bernàcer gewonnen werden. 

Handlung

Prolog
Die Krieger der Hunnen feiern ihren Anführer Attila, der in einem Siegeszug das römische Imperium überrennt. Obgleich Attila befohlen hat, niemanden am Leben zu lassen, schleppt sein Adjutant Uldino eine Gruppe gefangener Frauen herbei. Attila ist von der unerschrockenen Odabella derart fasziniert, dass er ihr sein eigenes Schwert schenkt. Odabella, die Tochter des gefallenen Herrschers von Aquileja, schwört für sich, den Tod ihres Vaters damit zu rächen. Obschon der römische Feldherr Ezio als angeblicher Unterhändler des Kaisers eintrifft, handelt er in eigenem Interesse. Er bietet Attila einen Pakt an: Bei der Eroberung der übrigen Welt will er ihn unterstützen, wenn er ihm dafür Italien überlässt. Angewidert lehnt Attila das Angebot ab. Die Überlebenden aus der Schlacht von Aquileja können sich an Land retten. Unter der Führung Odabellas Verlobtem Foresto beschließen sie, sich in der Lagune eine neue Heimat zu errichten.

Erster Akt 
Odabella ist in den Wald geflüchtet, um endlich um ihren Vater trauern zu können. Plötzlich erscheint ihr Verlobter und wirft ihr vor, sich dem Eroberer Attila hinzugeben. Sie kann ihn jedoch überzeugen, dass sie sich sehr wohl an Attila rächen will. Attila schreckt aus einem Albtraum auf: Eine geheimnisvolle Macht hat ihn gezwungen, seinen Marsch auf Rom zu stoppen. Doch er will sich nicht einschüchtern lassen. Als er mit seinen Truppen kurz vor Rom steht, stellt sich ihm Papst Leo in den Weg. Dieser verkündet, dass Attila seine Aufgabe als »Geißel Gottes« erfüllt hat, doch Rom, die Stadt Gottes, bleibe ihm verwehrt. Erschrocken erkennt Attila die Worte seines Traumes und bricht die Eroberung ab. 

Zweiter Akt 
Der Kaiser hat Ezio nach Rom zurückbeordert. Doch der ehrgeizige Feldherr widersetzt sich dem Befehl. Foresto unterbreitet Ezio seinen Plan: Nachdem er Attila beim Bankett, das den geschlossenen Waffenstillstand feiern soll, vergiftet hat, soll Ezio mit seinen Truppen die führerlos gewordenen Hunnen vernichten. Ezio ist begeistert. Als Ezio beim Gastmahl erscheint, wird Attila gewarnt. Dennoch greift Attila zum Versöhnungstrank, doch Odabella schreitet ein. Sie erklärt, dass der Trank vergiftet ist. Foresto bekennt sich zum Anschlag und ist fassungslos, dass seine Verlobte ihn verraten hat. Sie erklärt ihm, dass sie allein Attila töten will. Von Attila dagegen erbittet sie sich das Leben des Attentäters. Der dankbare König erfüllt ihren Wunsch und verkündet, sie am nächsten Tag heiraten zu wollen. 

Dritter Akt
Die bevorstehende Hochzeit mit Attila hat Foresto endgültig von der Untreue Odabellas überzeugt. Während Ezio mit seinen Truppen auf den Angriff wartet, vernimmt man aus der Ferne Hochzeitsgesänge. Gepeinigt vom Geist ihres ermordeten Vaters ist Odabella davongestürzt. Erneut beteuert sie Foresto ihren Rachewillen und ihre Liebe zu ihm. Attila ist seiner Braut gefolgt und ertappt die Verschwörer. Während man im Hintergrund den Lärm des römischen Überfalls hört, will Foresto den Hunnenkönig erstechen. Doch Odabella kommt ihm mit Attilas eigenem Schwert zuvor.

Werkeinführung

Giuseppe Verdis frühes Meisterwerk »Attila« zeigt ein breitflächig angelegtes Historiengemälde – den Kampf zwischen den heidnischen Hunnen und dem christlich geprägten Italien. Dramaturg Benedikt Stampfli erläutert Hintergründe zum Werk.

Porträtzeichnung des Dramaturgen Benedikt Stampfli
Benedikt Stampfli, Dramaturg; Zeichnung Semperoper

Sänger*innen

Wie sehr ich mich nach Rache sehne!

Giuseppe Verdis frühes Meisterwerk »Attila« ist das erste Mal am 4. Februar 2023 an der Semperoper als konzertante Aufführung zu erleben. 

Was für eine Geschichte! Eine junge Frau fällt nicht nur die mutige Entscheidung, Rache für ihren getöteten Vater zu nehmen, sondern verhindert auch einen Giftanschlag auf den Mörder ihres Vaters. Sie will selbst den Mord begehen und führt ihren Plan schließlich auch aus. Diese Entschlossenheit ist kaum zu überbieten. Gleich zu Beginn wird die Primadonna Odabella in ihrer hochdramatisch-virtuosen Auftrittscavatine als eine kriegerisch auftrumpfende Amazone eingeführt. Ihr bedingungsloser Wille, selbst die Fäden in der Hand zu halten, zeugt von unfassbarer Größe und Stärke.

Es erstaunt, dass Mitte des 19. Jahrhunderts – am 17. März 1846 findet am Teatro La Fenice in Venedig die Uraufführung statt – auf offener Bühne, also fürs Publikum sichtbar, ein Mord gezeigt wird. Noch verblüffender ist, dass die Tat von einer Frau begangen wird. Wenige Frauenfiguren in der Opernlandschaft des 19. Jahrhunderts besitzen diesen kaltblütigen, entschlossenen Charakterzug. Giuseppe Verdi schafft mit Odabella eine weibliche Opernfigur, die die eigentliche Protagonistin des Werkes ist – auch wenn der Operntitel den historisch belegten Hunnenkönig, der im 5. Jahrhundert n. Chr. für Angst und Schrecken sorgte, in den Vordergrund stellt. 

Kammersänger Georg Zeppenfeld, der in der Semperoper u.a. als Hans Sachs in »Die Meistersinger von Nürnberg« brillierte und derzeit den Fasolt (»Das Rheingold«) und Hunding (»Die Walküre«) singt, interpretiert diese einzige Bass-Titelrolle einer Verdi-Oper. Attilas Gegenspieler ist der römische Feldherr Ezio, der vor keiner Intrige zurückscheut, um sich selbst die Macht zu sichern. Andrzej Dobber, der in Dresden als Scarpia in »Tosca« und als Nabucco zu erleben war, singt diese kraftstrotzende Baritonpartie. Die äußerst starke Frauenfigur Odabella, die sowohl das lyrische als auch das dramatische Fach beherrschen und zusätzlich auch mörderische Koloraturen meistern muss, übernimmt Anna Smirnova – an der Semperoper konnte man sie beispielsweise schon als Eboli in »Don Carlo« bewundern. Nicht zu vergessen sei ihr echter Liebhaber Foresto: Der gefragte kroatische Tenor Tomislav Mužek singt die Partie; diese Spielzeit ist er glücklicherweise in unser Ensemble zurückgekehrt. 

Verdis »Attila«, nach dem gleichnamigen Theaterstück von Friedrich Ludwig Zacharias Werner, ist jedoch nicht nur ein Sänger*innen-Fest, sondern auch ein Meilenstein in Verdis Umgang mit Ensembles und mit faszinierenden Orchesterfarben. Der spanische Dirigent Jordi Bernàrcer wird Verdis Oper mit dem Sächsischen Staatsopernchor und der Sächsischen Staatskapelle Dresden zum Klingen bringen.
 
Benedikt Stampfli 

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