Berlin. Auf der Hauptstadtkonferenz Elektromobilität wurde das Ziel ausgegeben, den Anteil vor allem in der Wirtschaft weiter zu steigern.

Die Zahlen hören sich erst einmal positiv an. Das sahen jedenfalls auch die mehr als 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Hauptstadtkonferenz Elektromobilität 2022 so, die am Mittwoch von der Berliner Agentur für Elektromobilität (Emo) im Roten Rathaus organisiert wurde. Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) etwa wähnt Berlin derzeit in einer Phase des „Markthochlaufs der Elektromobilität“. Mit aktuell knapp 37.400 elektrischen Pkw in Berlin sei die Zahl fast doppelt so hoch wie noch 2020, so Schwarz. In der Stadt fahre demnach mehr als jeder fünfte neu zugelassene Pkw elektrisch. Insgesamt sind in Berlin gut 1,2 Millionen Fahrzeuge zugelassen.

Das Besondere dabei: Mehr als die Hälfte, konkret 57,5 Prozent, der E-Pkw in der Hauptstadt werden dienstlich und nicht privat genutzt. Außerdem sind mit fast 30 Anbietern der „geteilten Mobilität“ für Fahrrad, Scooter und Autos im Vergleich besonders viele Firmen in diesem Segment in Berlin tätig. „Ohne Elektromobilität und die Verlagerung auf nachhaltige Verkehrsträger wie ÖPNV, Fahrrad und kleinere, geteilte Fahrzeuge sind die Klimaziele nicht zu erreichen“, sagte Emo-Leiter Gernot Lobenberg dazu. „Gerade der Wirtschaftsverkehr, der in Berlin etwa ein Drittel des Verkehrs ausmacht, spielt hier eine entscheidende Rolle.“ Das diesjährige Motto der Konferenz lautete daher auch „Berliner Wirtschaft – nachhaltig mobil“.

3000 E-Fahrzeuge und 600 Ladepunkte direkt vom Senat gefördert

Besonders Unternehmen, Behörden und andere Organisationen hätten heute vielfältige Möglichkeiten, so Lobenberg weiter, ihre Dienstfahrten und die Wege ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu zu denken und nachhaltig zu organisieren. Im Bereich des betrieblichen Mobilitätsmanagements berate Emo deshalb Firmen speziell bei den Themen Fahrrad, Firmenticket, geteilte Fahrzeuge, Mobilitätsbudget und der Umstellung des Fuhrparks auf Elektromobilität.

Diesen Ausbau zu fördern, hat sich indes auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft mit ihrem Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ (Welmo) auf die Fahnen geschrieben. Mit Welmo sollen vor allem Klein- und Leichtfahrzeuge, Nutzfahrzeuge und Ladeinfrastruktur gesponsert werden. Seit dem Start im Jahr 2018 wurden so laut Wirtschaftssenator Schwarz bereits 3000 Fahrzeuge und knapp 600 Ladepunkte finanziert.

Unter den Antragstellern seien auch viele kleine und mittelständische Unternehmen, so Schwarz. Und auch aus der Taxi-Branche, für die das Programm im vergangenen Jahr geöffnet wurde, gebe es eine rege Nachfrage. Das Förderprogramm soll deswegen fortgesetzt werden. Im gerade erst beschlossenen Doppelhaushalt für die Jahre 2022 und 2023 seien 17 Millionen Euro für Welmo eingeplant, erzählte Schwarz, der gerade auch bei den landeseigenen Betrieben Erfolge bei der Elektrifizierung der Fahrzeugflotten sieht: Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) gibt es derzeit 138 E-Busse, bis Ende des Jahres sollen es 228 sein. Bei der Berliner Stadtreinigung (BSR) würden außerdem bereits 70 Prozent der Fahrzeuge klimaneutral fahren, so der Wirtschaftssenator.

Bis zum Jahr 2030 sollen 1800 weitere Ladestationen in Berlin entstehen

Mit Blick auf die Zahlen sieht er nun vor allem Bedarf, die Ladeinfrastruktur in der Stadt weiter auszubauen. „Bei etwas über 1800 öffentlichen Ladepunkten muss man einfach sagen: Das ist zu wenig, hier müssen wir ran“, sagte er. Mehr Dynamik erhofft sich Schwarz dadurch, dass inzwischen die Berliner Stadtwerke zentral vom Senat mit dem Ausbau zumindest der öffentlichen Infrastruktur beauftragt sind. Diese planen, bis zum Jahr 2030 insgesamt 1800 weitere Ladestationen im Stadtgebiet schaffen. Hinzu kommen zusätzlich private Anbieter. Auch seine Verwaltung wolle derweil gezielt private, aber öffentlich zugängliche Flächen für die Ladeinfrastruktur in den Fokus nehmen, kündigte Schwarz an, wie beispielsweise Parkplätze von Supermärkten.

Aus der Berliner Wirtschaften kamen zum Thema auch kritische Stimmen. Wenn der Verkehrssektor einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz leisten solle, müsse man bei der Ladeinfrastruktur viel besser werden, hieß es etwa aus der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin. Dialogformate, wie die Hauptstadtkonferenz der Emo, seien dafür ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem aber zügig weitere Taten folgen müssten. „So erklären rund zwei Drittel der Berliner Unternehmen in einer repräsentativen IHK-Umfrage, dass Handlungsbedarf beim Ausbau von Ladeinfrastruktur besteht“, so ein IHK-Sprecher. „48 Prozent geben an, dass die Anschaffung eines E-Fahrzeuges nicht geplant sei, weil die Verfügbarkeit dieser wichtigen Infrastruktur im öffentlichen Raum zu gering ist.“ Beim Wirtschaftsverkehr bedeute ein ungenutzt herumstehendes Fahrzeug im Gegensatz zum privaten Bereich eben vor allem eins: Umsatzverlust.