Chancen für Systemhäuser

Kein Sanierungswunsch trotz maroder IT



Dr. Gernot Uhl (Jahrgang 1980) kümmert sich bei Urano um das Employer Branding und um interne Kommunikation. Der Politikwissenschaftler und Journalist bloggt über die Urano-Story und hält Soft-Skill-Workshops für Führungskräfte, Mitarbeitende, Auszubildende und Partner. Urano berät und betreut als IT-Dienstleister seit mehr als 30 Jahren bundesweit Konzerne, mittelständische Betriebe oder öffentliche Auftraggeber wie Schulen und Behörden. Im Mai 2021 wurde Urano durch Datagroup übernommen.
Mangelnder Datenschutz, viele Sicherheitslücken, holprig-langsame Workflows - trotzdem zögern viele mittelständische Firmen die Sanierung ihrer IT-Landschaft möglichst lange hinaus. Warum?
Bei der Renovierung einer IT-Landschaft geht es darum, sich gegenseitig bestimmte Argumente und Sachverhalte erklären zu lassen.
Bei der Renovierung einer IT-Landschaft geht es darum, sich gegenseitig bestimmte Argumente und Sachverhalte erklären zu lassen.
Foto: Roman Zaiets - shutterstock.com

Wer in einem alten Häuschen wohnt, muss mit manchen Macken und kleineren - vielleicht sogar liebenswerten - Mängeln auskommen. Die Wände sind womöglich ein bisschen schief, manche Räume eigenartig verwinkelt und außerdem unzweckmäßig klein, die Stufen der Kellertreppe verschieden hoch. Wenn man all das korrigieren wollte, hätte man sich wahrscheinlich besser für einen Neubau entschieden. Aber diese Art von Macken machen den Charme aus, in einem Altbau zu leben.

Es gibt aber auch gravierendere Mängel, die man nicht romantisch verklären sollte. Wenn es beispielsweise um veraltete Sicherungen geht, um gesundheitsschädigende Baustoffe oder um marode Wasserrohre - dann besteht akuter Handlungsbedarf. Und wenn die Heizung im Winter ständig ausfällt, wartet man auch nicht bis zum nächsten Sommer, um sie zu sanieren. Wie passt nun die IT in dieses Bild? Erstaunlicherweise wird marode IT immer noch recht häufig der ersten Art von (kleineren) Mängeln zugerechnet, deren Modernisierung entweder zu aufwändig erscheint - oder als Bedrohung für das altherbrachte Wohngefühl. Beide Renovierungsängste sind unbegründet und angesichts der fortschreitenden Digitalisierung auch nicht sehr weitsichtig.

Der digitale Modernisierungsbedarf ist nicht zu übersehen

Wenn man solche Erfahrungen aus dem privaten Umfeld auf die IT der KMUs in Deutschland überträgt, wird schnell klar, warum digitale Transformationsvorhaben mitunter heikel sein können: Eine Melange aus Nostalgie, Veränderungsskepsis und erwartetem Aufwand erschweren die Entscheidung, die eigene IT zu sanieren und auf den aktuellen Stand zu bringen. Egal, wie veraltet das IT-System auch sein mag, es war einer der Grundpfeiler des bisherigen Erfolges, der gerade bei deutschen KMUs oft schon über 30 Jahre lang währt. Wehmütig erinnert sich mancher an sein erstes Modem im Büro oder an die erste Geschäfts-E-Mail.

Lesetipp: Datagroup übernimmt Urano Systemhaus

Das ist menschlich - aber nicht unbedingt clever. Denn digitaler Modernisierungsbedarf besteht zuhauf! Wer denkt, der deutsche Mittelstand sei doch schon ausreichend digitalisiert, der irrt. Und zwar gewaltig: Laut einer Bitkom-Studie erreichte der durchschnittliche Digital Office Index 2020 gerade einmal 53 bis 59 von 100 möglichen Punkten! Dabei steht 0 für "überhaupt nicht digitalisiert" und 100 für "vollständig digitalisiert". Dabei schreiten Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern beim Thema Digitalisierung voran. Sie erzielten einen Indexwert von 67 Punkten. Unternehmen mit 100 bis 499 Mitarbeiter bewegen sich mit 59 Punkten im Mittelfeld, Kleinunternehmen (20 bis 99 Mitarbeiter) ernten gerade noch 53 Punkte.

Mit guter Beratung geht's ohne Abrissbirne

Der bestehende Modernisierungsbedarf wird auch durch die Angst ausgebremst, dass man veralteter IT nur mit der digitalen Abrissbirne beikommen kann. Gute IT-Beratung ist gerade daran erkennbar, dass sie nicht mit Brachialgewalt alles plattmacht. Ganz im Gegenteil, sie arbeitet auf Grundlage dessen, was schon da ist. Bevor am Reißbrett neue Pläne präsentiert werden, findet eine Bestandsaufnahme statt, die im engen Austausch mit den KMU stattfinden. Denn fachliche Expertise allein genügt nicht, um die besten Lösungen zu finden und zu implementieren. Man muss auch miteinander sprechen. Konstruktive Kommunikation setzt voraus, dass man sich aufeinander einlässt und dass man sich zuhört.

Es geht darum, sich gegenseitig bestimmte Argumente und Sachverhalte zu erklären und erklären zu lassen. Nur wer in der Lage ist, das Bestehende wertschätzend und mit Empathie anzuerkennen und daraus die Notwendigkeit für Verbesserungen und Optimierungen begründet, der kann damit rechnen, dass die Vorschläge auf einen genauso verständnisvollen und fruchtbaren Boden fallen können. Nur dann werden Provisorien, die 2020 Corona-bedingt für das dezentrale Arbeiten im Homeoffice sehr schnell und mit der Brechstange eingeführt werden mussten, endlich langfristig stabilen und zukunftssicheren Lösungen weichen.

Vertrauen als Grundstein, Mensch als Messlatte

Der Ende März 2021 veröffentlichte Abschlussbericht einer im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie durchgeführten Studie namens "IT-Dienstleister als Akteure zur Stärkung der IT-Sicherheit bei KMU in Deutschland" unterstreicht die wichtige Rolle, die IT-Dienstleistern gerade bei der Realisierung eines angemessenen IT-Sicherheitsniveaus in KMU zukommt. Bei allen Fragen rund um Digitalisierung - sei es im Bereich der IT-Sicherheit, der Kommunikation oder der Zusammenarbeit von Teams - muss der Mensch im Mittelpunkt stehen. Ein Ansatz ist es, immer bei den Menschen anzufangen, und dann von ihnen auf die Technologien zu schließen, die sie im Unternehmen benötigen, um gut, schnell, sicher und effizient zusammenzuarbeiten. So baut man erfolgreiche Beratungen auf.

Kommunikation als Generalschlüssel

Microsoft Teams kann einen immensen Schub in Richtung einer zeitgemäßen Unternehmenskultur bewirken. Dieses Kommunikationswerkzeug hat sich zu einer ganzheitlichen Plattform für Zusammenarbeit entwickelt: Wir chatten und telefonieren über Teams, wir arbeiten gemeinsam an geteilten Dokumenten, nutzen gemeinsame Aufgabenlisten - und treffen uns zu virtuellen Kaffeepausen und Team-Events. Vielfach hat sich Microsoft Teams als wertvolles Tool für erfolgreiches und dezentrales Arbeiten erwiesen - gerade in Corona-Zeiten. Warum viele Unternehmen nach wie vor auf die alten Ad-hoc-Provisorien setzen, dafür gibt es unterschiedliche Gründe: Sei es, dass es gar keine eigene IT-Abteilung gibt oder aber eine derart überlastete, dass sie sich nicht auch noch mit umfassenden Migrationsprojekten der Firmen-IT befassen kann und will. Genauso trifft man aber auch immer wieder auf Vorbehalte, Unwissenheit und Ängste.

Richtfest: Willkommen im sicheren neuen Zuhause

Veränderungsängste sind nachvollziehbar, aber niemand muss sich vor Verbesserungen fürchten! Schaut man sich im Mittelstand des DACH-Gebiets um, ist man noch immer überrascht, mit welcher IT-Infrastruktur in Unternehmen noch gearbeitet wird. Doch würde es helfen, die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen und Kunden zu brüskieren? Die meisten haben ja nicht wegen, sondern trotz der unbefriedigenden IT ihre Geschäfte bis dato erfolgreich geführt. Unternehmen immer zwanghaft auf das neueste System mit maximalem Umfang zu migrieren, ist keine Patentlösung. Den Kunden da abzuholen, wo er steht, und mit ihm ermitteln, wie Workflows momentan aussehen, um dann festzustellen, da lohnt sich die teilweise oder sogar vollständige Migration.

Lesetipp: Urano wächst weiter

Oft bergen schon kleine Schritte - wie beispielsweise die Umstellung von Skype auf Teams - bereits große Potenziale für eine Steigerung der Produktivität. So, wie wenn man sich nach dem Tausch eines maroden Rohres wieder über ordentlichen Wasserdruck freut. Oder wenn nach dem Einbau eines zeitgemäßen FI-Schutzschalters nicht jedes Mal die Sicherung herausspringt, wenn Backofen und Spülmaschine parallel laufen. Und natürlich - damit schließt sich der Kreis - gilt das auch für die größeren Projekte: Wer auf eine Gasheizung umsteigt, kann vielleicht dort, wo früher die Öltanks standen, eine kleine Werkstatt einrichten. Und all das erhöht die Wohnqualität, ohne dass Charme und Flair des Wohngefühls darunter leiden.

Zur Startseite