Ordensverleihung zum Tag der Deutschen Einheit

Schwerpunktthema: Bericht

1. Oktober 2021

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 1. Oktober in Schloss Bellevue zum Tag der Deutschen Einheit 14 Bürgerinnen und Bürger mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die sechs Frauen und acht Männer haben sich in herausragender Weise für die Kunst und das von den Corona-Einschränkungen besonders betroffene Kulturleben eingesetzt. Mit ihren außerordentlichen Verdiensten fördern sie ein solidarisches Miteinander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verleiht dem Fotograf, Autor und Kurator Akinbode Akinbiyi aus Berlin das Verdienstkreuz 1. Klasse im Großen Saal von Schloss Bellevue

Mit einem besonderen Blick auf das kulturelle Leben in Deutschland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 1. Oktober zum Tag der Deutschen Einheit 14 Bürgerinnen und Bürger mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die sechs Frauen und acht Männer haben sich in herausragender Weise für die Kunst und das von den Corona-Einschränkungen besonders betroffene Kulturleben eingesetzt. Mit ihren außerordentlichen Verdiensten fördern sie ein solidarisches Miteinander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Folgende Bürgerinnen und Bürger wurden ausgezeichnet:

Akinbode Akinbiyi, Berlin
Verdienstkreuz 1. Klasse

Kein Teil der Welt kann ohne die anderen Teile vorankommen. In Pandemiezeiten wird uns allen dies bewusster denn je. Und diese eine, ganze Welt zeigt uns der Fotograf, Autor und Kurator Akinbode Akinbiyi mit seiner ganz eigenen Bildsprache. Er selbst bezeichnet sich als bewusster Wanderer, der weltweit kulturelle und soziale Entwicklungen beobachtet. Bis heute fotografiert er in traditionell analoger Technik und in strengem Schwarz-Weiß. Seine Motive entstammen häufig dem Alltag der Großstädte in der ganzen Welt. Dabei zeigt uns Akinbode Akinbiyi Realitäten fern von Klischees, öffnet neue Perspektiven auf scheinbar unspektakuläre Situationen oder Gegenden und gibt damit Denkanstöße. Seine Arbeiten fördern eine lebendige Auseinandersetzung mit der afrikanischen Welt. Dafür arbeitet Akinbode Akinbiyi auch mit dem Goethe-Institut zusammen. Er ist Goethe-Medaillenträger und nahm 2017 an der documenta in Athen und Kassel teil.

Renate Heitmann, Bremen
Verdienstkreuz am Bande

Wenn man nichts tut, gibt es nichts zu tun", sagt Renate Heitmann. Mit dieser Devise hat die Leiterin der renommierten bremer shakespeare company mitten im Sommer 2020 der Corona-Pandemie getrotzt. Sie initiierte den Bremer KulturSommer Summarum mit 300 Veranstaltungen an mehr als 30 Orten in Bremen und Umgebung – bei denen selbstverständlich die Corona-Regeln strikt eingehalten wurden. Es war ein eindrückliches Beispiel für gelebte Solidarität in der Kulturszene. Der Erfolg der Initiative war so groß, dass sie in diesem Jahr fortgeführt wurde. Renate Heitmann engagiert sich aber nicht nur in Pandemiezeiten so intensiv für das Gemeinwohl. Sie hat bereits im Kulturrat Bremen mitgewirkt, im Rahmen des bundesweiten Städtebauprogramms Aktive Zentren das Kulturnetzwerk VIS-A-VIS mit ins Leben gerufen und im letzten Jahr die künstlerische Leitung des Programms zur Belebung der Bremer Innenstadt übernommen. Denn Kultur wird nach der Pandemie ganz besonders gebraucht.

Burghart Klaußner, Hamburg
Verdienstkreuz 1. Klasse

Burghart Klaußner gehört zu den großen Schauspielern unseres Landes – und das ganz besonders für Figuren der Zeitgeschichte. In vielen seiner Rollen verkörpert er sehr eindringlich Charaktere, an denen sich die Notwendigkeit gesellschaftlicher Veränderung zeigt. Mit der Haltung eines Künstlers, der stets die geschichtlichen Zusammenhänge reflektiert und gesellschaftspolitisch engagiert ist, gelingt es Burghart Klaußner immer wieder, sein großes Publikum dazu zu bringen, sich mit den Lehren der Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei erreicht er mit seiner Schauspielkunst alle Generationen. Viele seiner Rollen sind in unser kollektives Gedächtnis eingegangen, wie jene als Fritz Bauer. Dass heute auch jungen Menschen bekannt ist, wie in der Bundesrepublik die Aufarbeitung der NS-Verbrechen nur unter großen Schwierigkeiten begann, dazu hat auch Burghart Klaußner beigetragen.

Gerda König, Köln/Nordrhein-Westfalen
Verdienstkreuz am Bande

Körperliche Besonderheiten müssen keine Behinderungen sein. Das zeigt die Psychologin Gerda König so engagiert wie beeindruckend: Sie gründete 1995 die DIN A 13 tanzcompany, ein Ensemble von Tänzerinnen und Tänzern mit und ohne körperliche Besonderheiten – eine Formulierung, die sie ganz bewusst wählt. Seit der Gründung bringt sich Gerda König in herausragender Weise als Leiterin, Choreografin und Tänzerin in das Ensemble ein. Eines ihrer Ziele ist, alte Sichtweisen aufzubrechen und neue Ausdrucksformen zu finden. Mit ihren internationalen Projekten wirkt sie dabei zudem völkerverständigend und setzt ganz neue Maßstäbe. Gerda König wird in ihrer Heimatstadt Köln mit DIN A 13 genauso gefeiert wie in Rio, wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und beweist immer wieder: Tanz ist Lebenselixier für alle!

Terézia Mora, Berlin
Verdienstkreuz am Bande

Die Schriftstellerin Terézia Mora setzt sich in ihrem Werk immer wieder mit aktuellen Themen und Konflikten in unserer Gesellschaft auseinander. Aus Ungarn stammend, wuchs sie zweisprachig auf und schreibt ausschließlich auf Deutsch. Dennoch fühlt sie sich in Deutschland als Ausländerin. Diese Sichtweise bringt sie in ihre Werke ein und schreckt dabei nicht vor ungeschönten Gegenwartsdiagnosen zurück. Ihre Bücher greifen so anschaulich wie prägnant gesellschaftliche Spannungen auf und schärfen das Bewusstsein dafür, wo ein Wandel notwendig ist. Seit vielen Jahren prägt Terézia Mora mit ihrem Werk, für das sie unter anderem mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet wurde, die literarische Landschaft der Bundesrepublik Deutschland mit. So leistet sie einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftspolitischen Debatte – und diese ist durch die Corona-Pandemie wichtiger denn je. Als renommierte Übersetzerin aus dem Ungarischen bringt uns Terézia Mora außerdem facettenreich die Literatur unseres europäischen Nachbarn nahe.

Prof. Dorothee Oberlinger, Köln/Nordrhein-Westfalen
Verdienstkreuz 1. Klasse

Königin der Blockflöte – so wird Dorothee Oberlinger auf den Konzertpodien der Welt genannt, und selbst diejenigen, die im Kindesalter dieses Instruments überdrüssig geworden sind, vermag sie mit ihrer Musik zu begeistern. Dorothee Oberlinger gehört als Virtuosin ihres Instruments zur absoluten Weltklasse. Dabei beschäftigt sie sich nicht nur intensiv mit Barockmusik, sondern ebenso mit der zeitgenössischen Musik und hat auch gegenüber Pop keine Berührungsängste. Seit 2009 leitet Dorothee Oberlinger im hessischen Bad Arolsen die jährlichen Barockfestspiele, seit September 2018 ist sie Intendantin der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Bei all ihrem Wirken ist es ihr besonders wichtig, junge Menschen an die Musik heranzuführen. Mit ihren frischen, mitunter ungewöhnlichen Konzepten spricht sie gezielt Kinder und Jugendliche an – denn Musik mit all ihren Stilen schafft Glücksmomente schon bei den ganz Jungen!

Christian Petzold, Berlin
Verdienstkreuz 1. Klasse

Christian Petzold schafft es mit seinen Filmen, den Puls unserer Gesellschaft zu erkunden. Er ist Mitbegründer der international renommierten Berliner Schule, einer Gruppe von Filmemachern, die seit den 1990er Jahren mit nüchterner Erzählweise, stilistischer Klarheit und präziser Sprache den deutschen Film prägt. Seine Filme zeigen am Beispiel von Einzelschicksalen gesellschaftspolitische Zustände und Entwicklungen auf und weisen stets auf die deutsche Geschichte zurück, sei es die NS-Zeit, der Terrorismus der 1970er Jahre oder die deutsche Teilung und Wiedervereinigung. Dass seine Filme auf zahlreichen internationalen Filmfestivals gezeigt werden, verdeutlicht ihre künstlerische und gesellschaftliche Wirkung. Christian Petzold ist mit seiner Filmkunst ein herausragender Kulturbotschafter Deutschlands.

Jaroslav Rudiš, Lomnice nad Popelkou/Tschechien und Berlin
Verdienstkreuz am Bande

Der tschechische Schriftsteller ist einer der engagiertesten Brückenbauer zwischen Deutschland und Tschechien, der einen lebendigen Dialog mit unserem Nachbarland fördert. In besonderer Weise befasst sich Jaroslav Rudiš dabei mit der Geschichte Mitteleuropas. Sein 2019 erschienener Roman Winterbergs letzte Reise, den er auf Deutsch verfasst hat und der bei Publikum und Kritik auf großes Echo stieß, ist eine eindringliche Auseinandersetzung mit der Geschichte des Gebietes, in dem die beiden Weltkriege begannen. Als gesellschaftspolitisch engagierter Europäer meldet sich Jaroslav Rudiš immer wieder auch in der deutschen Presse zu Wort und zeigt mit seinen Arbeiten: Grenzen können überwunden werden und die Kultur schafft das auch in Pandemiezeiten.

Ilona Scholl und Max Strohe, Berlin
Verdienstmedaille

Dass zu Beginn der Corona-Pandemie den sogenannten Systemrelevanten, die im ganzen Land bis zur Erschöpfung Krankenpflege, Notfallbetreuung und eine funktionierende Infrastruktur aufrechterhalten haben, nicht nur mit warmen Worten gedankt, sondern auch mit warmen Mahlzeiten geholfen wurde, ist das Verdienst von Ilona Scholl und Max Strohe. Gleich zu Beginn des ersten Lockdowns haben sie die Vorratsschränke ihres Restaurants in Berlin-Kreuzberg geöffnet und in kürzester Zeit die Initiative Kochen für Helden auf die Beine gestellt. Dafür kreierten sie Eintöpfe statt der sonst üblichen Menüs, für die ihr Sternerestaurant eigentlich bekannt ist. Mit Spenden von zahlreichen Lieferanten und mit Crowdfunding-Kampagnen haben sie täglich rund tausend warme Mahlzeiten für Menschen in system-relevanten Berufen, vor allem in Kliniken, gekocht. Dieser großartigen Initiative haben sich mehr als 100 Restaurants in Deutschland angeschlossen.

Petra Schubert, Magdeburg/Sachsen-Anhalt
Verdienstkreuz am Bande

Die Magdeburgerin setzt sich seit Langem für Seniorinnen und Senioren ein, die, wie sie sagt, viel zu oft keine Lobby haben. Mit großem Engagement organisiert Petra Schubert die Veranstaltungsreihe Musik am Nachmittag, die älteren Menschen vor allem in Pflegeeinrichtungen klassische Konzerte bietet. Während des Lockdowns organisierte sie im Frühjahr und Sommer 2020 Hofkonzerte vor Pflegeheimen, ein halbes Jahr später, als auch das nicht mehr möglich war, Musikvideos für die Adventssonntage. Dabei war ihre klare Botschaft: Ihr seid nicht vergessen. Seit Jahren wirkt Petra Schubert außerdem im Seniorenbeirat Magdeburg als Vorstandsmitglied mit. Aber auch die Jüngsten in unserer Gesellschaft liegen Petra Schubert am Herzen: Um Kindern aus finanziell benachteiligten Familien Theaterbesuche zu ermöglichen und ihnen auf diese Weise Kunst und Kultur zu vermitteln, hat sie das Projekt Theaterpaten initiiert, das regen Zuspruch findet.

Dr. Josef Schuster, Würzburg/Bayern
Verdienstkreuz 1. Klasse

Josef Schuster ist eine der ganz wichtigen Stimmen unseres Landes und sie wird weltweit gehört: als Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland sowie als Vizepräsident des European Jewish Congress und des World Jewish Congress. Die Erinnerung an die Shoah wach zu halten und die Lehren, die sich daraus für die freiheitliche demokratische Gesellschaft ergeben, bestimmen sein Handeln. Dabei tritt er stets für Toleranz und ein friedliches Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen ein. Er unterstützt zudem die Initiative Schulter an Schulter, durch die Opfer rassistischer Überfälle gemeinsamen Beistand von Angehörigen jüdischer und muslimischer Gemeinden sowie von staatlichen Stellen erhalten. Neben seinen vielen Ehrenämtern war Josef Schuster 32 Jahre als Internist tätig, und beim Bayerischen Roten Kreuz engagiert er sich bereits seit seinem Medizinstudium.

Luigi Toscano, Mannheim/Baden-Württemberg
Verdienstmedaille

Lange nicht wissend, wo er eigentlich hingehört, hat der Fotograf Luigi Toscano schon früh nicht auf Äußerlichkeiten geachtet, sondern sich auf die Suche nach dem Wesentlichen begeben. Der Mensch steht von Anfang an im Mittelpunkt seiner Bilder, die in erster Linie die Geschichte hinter dem Sichtbaren transportieren. Besonders verdient hat er sich mit seinem Erinnerungsprojekt Gegen das Vergessen gemacht, bei dem er Porträts von Holocaustüberlebenden im öffentlichen Raum ausstellt. Die Liste der Ausstellungsorte ist beeindruckend lang und reicht von der Gedenkstätte Babyn Jar in der Ukraine über das Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York bis zum Berliner Hauptbahnhof. Besonders junge Menschen will Luigi Toscano mit seinem Projekt erreichen. Dafür arbeitet er nicht nur mit Schulen zusammen, sondern hat auch eine App mit Videos veröffentlicht, in denen die Porträtierten aus ihrem Leben erzählen.

Jan Vogler, Dresden/Sachsen
Verdienstkreuz 1. Klasse

Kultur gehört genauso zum Leben wie Essen, Trinken und Schlafen, sagt der Cellist, der zu den ganz großen seines Instruments zählt. Diese Botschaft verkündet er nicht nur, er lebt sie auch. Jan Vogler wurde im Alter von zwanzig Jahren Solocellist der Staatskapelle Dresden, mit dreißig Jahren begann er seine Solokarriere und wird seitdem auf den Konzertpodien der Welt gefeiert. Dabei ist der Kosmopolit stets seiner sächsischen Heimat treu geblieben und prägt dort die Musikwelt in ganz besonderer Weise. Seit 2009 ist Jan Vogler Intendant der Dresdner Musikfestspiele und seit 1993 Künstlerischer Leiter des Moritzburg Festivals, das er mitgegründet hat. Es ist im dabei ein ganz besonderes Anliegen, junge Musikerinnen und Musiker aus der ganzen Welt zusammenzubringen. Denn zu der Botschaft von Jan Vogler gehört auch der Dialog der Kulturen – und dieser wird in Zeiten der Pandemie mehr denn je gebraucht.