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Energie-Contracting: Mit fremder Hilfe weniger zahlen

Energieeffizienz-Contracting entlastet Mieter und Vermieter – und die Umwelt. Der Bundesrat will das Modell mit einem rechtlichen Kniff fördern.

David Strohm 4 min
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Die Kosten für die Heizung sollen sinken. Fachleute empfehlen den Ersatz herkömmlicher Anlagen wie die Ölfeuerung im Keller. Davon sollen alle profitieren.

Die Kosten für die Heizung sollen sinken. Fachleute empfehlen den Ersatz herkömmlicher Anlagen wie die Ölfeuerung im Keller. Davon sollen alle profitieren.

Gaetan Bally / Keystone

Das Dilemma scheint sich nur schwer auflösen zu lassen. Sollen in einer Mietliegenschaft energetisch sinnvolle Massnahmen umgesetzt werden, etwa ein Ersatz der Heizanlage, muss der Eigentümer die oft erheblichen Investitionskosten grösstenteils selber tragen. Zwar werden danach Betrieb und Unterhalt fast immer günstiger. Davon profitieren jedoch in Form tieferer Nebenkosten vor allem die Mieter.

Mit einer unscheinbaren rechtlichen Änderung, die auf den 1. Juni in Kraft tritt, will der Bundesrat diesen Missstand beseitigen. Die in der «Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen» festgehaltene Neuerung erlaubt den Vermietern, einen Teil der Kosten in Zusammenhang mit dem sogenannten Energiespar-Contracting über die Nebenkosten zu weiterzureichen.

Dienstleister übernimmt Risiken

Und so funktioniert das Modell: Hauseigentümer schliessen für einen gewissen Zeitraum, zumeist 5 bis 15 Jahre, einen Vertrag mit einem Energiedienstleister ab. Dieser verpflichtet sich, den Energieverbrauch der Liegenschaft durch geeignete technische und allenfalls bauliche Massnahmen über die vertraglich festgelegte Dauer zu senken. Die Einsparungen gehen zunächst mehrheitlich an den Dienstleister. Nach Vertragsablauf profitieren dann aber Eigentümer und Mieter in voller Höhe (siehe Grafik).

«Der Bundesratsbeschluss wirkt als Anreiz und wird energetische Sanierungen begünstigen und beschleunigen», sagt die St. Galler Nationalrätin Claudia Friedl (sp). Die Präsidentin des Verbandes Casafair verweist auf die nach wie vor zu kleine Sanierungsquote des Gebäudebestands in der Schweiz. «Der Nachholbedarf ist riesig», sagt Friedl. Casafair erwartet, dass die Änderung in der Verordnung einen Investitionsschub in sparsamere und nachhaltige Heizsysteme auslöst. Gleichzeitig sei dafür gesorgt, dass die Sanierungsmassnahmen bei den Bewohnern nicht zu höheren Mietausgaben führen.

In der Schweiz ist vor allem das angebotsgetriebene Liefer-Contracting bekannt, bei dem es um die langfristige Versorgung mit einem bestimmten Energieträger geht. Die neuere, noch wenig verbreitete Sparvariante «verkauft» dagegen über einen bestimmten Zeitraum Einsparungen bei der Energie.

«Energiespar-Contracting stellt eine Art Rundum-sorglos-Paket für den Gebäudebesitzer dar», sagt Markus Bareit von der Sektion Energieversorgung und Monitoring im Bundesamt für Energie. Hauseigentümer würden zum einen vom Know-how des Dienstleisters profitieren und könnten zum anderen finanzielle, technische und organisatorische Risiken an diesen auslagern.

Statt wie bisher Gebäudesanierungen - die zumeist aus Wärmedämmung, Gebäudetechnik und Ersatz alter Anlagen bestehen - mit vielen unabhängig arbeitenden Handwerkern und Firmen anzugehen, soll das Energiespar-Contracting den Blick auf das Ganze ermöglichen. «Die Motivation, Sanierungen anzugehen, war bisher gering», sagt Bareit. Die Revision der Verordnung zum Mietrecht erlaubt nun, mittels Energiespar-Contracting die Arbeiten koordiniert anzugehen und die Kosten dafür an die Mieterschaft über die Nebenkostenabrechnung weiterzugeben, zumindest bis zur Höhe der Ersparnis.

Für Mieter dürften sich also die Nebenkosten insgesamt nicht erhöhen. Zudem kann der Aufwand maximal zehn Jahre lang verrechnet werden. Voraussetzung ist, dass Kosten und Energiemengen zuverlässig gemessen werden können.

Beliebt in der Romandie

Als Dienstleister auf diesem Gebiet bieten sich sowohl die grossen Bewirtschaftungsfirmen, als auch Energieversorger und branchennahe Firmen an. Dienstleister wie Wattelse in Cham oder Konzerne wie Siemens Schweiz sehen im Energiespar-Contracting offenbar eine lukrative Ergänzung des Geschäfts und beteiligen sich bei Ausschreibungen. Unterschieden wird einerseits zwischen Modellen mit und ohne Einspargarantie und solchen mit oder ohne Finanzierungsbeteiligung des Dienstleisters. Zum anderen gibt es Modelle mit Investitionen in Anlagen und solche, die lediglich auf eine Betriebsoptimierung setzen.

Die bisher angelaufenen Projekte konzentrieren sich auf die Romandie, auf die zwei Drittel der Verträge entfallen. Vorreiter auf dem Gebiet sind die Services Industriels de Genève (SIG). Nun soll das Konzept vermehrt auch in der Deutschschweiz Fuss fassen, sagt Matthias Gerth, Geschäftsführer des Fachverbands Swissesco. «Je höher das Einsparpotenzial beim Energieverbrauch, desto eher lohnt es sich für alle Beteiligten», sagt er. In einem Einfamilienhaus macht diese Art des Contracting dagegen wenig Sinn, weil es sich über einen sinnvollen Zeitraum allein durch die Einsparung nicht refinanzieren würde.

Bewährt habe sich Energiespar-Contracting bei öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Spitälern. Aber auch Hotels und Büroliegenschaften könnten profitieren. Je nach Art des Energieverbrauchs liegt das jährliche Einsparpotenzial beispielsweise bei einem grossen Shoppingcenter im sechsstelligen Bereich, sagt Swissesco-Vertreter Gerth.

Leitfaden zum Energie-Contracting

Zürcher Energiegesetz: Mehr Tempo beim Umbau

Mit einer Änderung des Energiegesetzes will die Regierung des Kantons Zürich die Erneuerung der Wärmeversorgung in Gebäuden beschleunigen. Öl- und Gasheizungen sollen in bestehenden Bauten sukzessive durch klimaneutrale Anlagen wie Wärmepumpen ersetzt werden. Förderbeiträge von bis zu 20% der Investitionssumme – insgesamt stehen 180 Mio. Fr. bereit – sollen die Hauseigentümer motivieren, geplante Massnahmen vorzuziehen. In neuen Häusern muss die Heizung künftig CO2-frei laufen und einen Teil des benötigten Stroms selbst generieren. (dst.)