LP Georg-August-Universität Göttingen

Torsion: Verdrillung eines Körpers

Torsion: Verdrillung eines Körpers

Als Torsion bezeichnet man die Verdrehung eines Materials oder Bauteils, wie zum Beispiel eines Stabes. Die Verdrehung wird dabei durch das wirkende Torsionsmoment herbeigeführt. Denn sobald man versucht einen Stab mit Hilfe eines Hebels zu verdrehen, wirkt das Torsionsmoment. Es bezeichnet also ein wirkendes Drehmoment in der Mechanik. Neben einem Bauteil kann ein Torsionsmoment aber auch in Wellen auftauchen, wenn diese von einem Motor gegen einen Widerstand angetrieben worden sind. Ähnlich wie bei der Scherung treten bei der Torsion nur Schubspannungen auf. Diese zeigen aber an verschiedenen Stellen in verschiedene Richtungen und erzeugen dadurch das Drehmoment. Es kommt also zur Verdrehung der Körperachsen.
Die Torsionsspannung ist nun definiert als das Verhältnis vom wirkenden Drehmoment zum Widerstandsmoment bei einer Verdrehung (Torsion) des Körpers:


\tau = \frac{M_T}{W_T}

Dabei hängt das Widerstandsmoment W_T von der Geometrie des Körpers ab, welcher verdreht wird.
Neben der Torsionsspannung gibt es noch den sogenannten Torsionswinkel \theta. Dieses ist der Winkel, um den zum Beispiel der Querschnitt eines Stabs an jeder Position längs des Stabes verdreht wird. Nimmt man nun an, dass sich der Querschnitt eines Gegenstands während der Torsion nicht verändert oder verwölbt, also eben bleibt und es keinerlei Verzerrungen gibt, so ergibt sich für einen kreisförmigen Querschnitt folgende Drillung \Psi:


\Psi=\frac{\rm{d} \theta}{\rm{d} x}

Für das Torsionsmoment M_{T(x)} gilt:


M_{T(x)}=G \cdot I_{P(x)} \cdot \Psi

wobei G das Schubmodul, I_{P(x)} das polare Flächenträgheitsmoment des Querschnitts und \Psi die Drillung ist. Durch Umstellen der Formeln kann man dann auch die Drillung beschreiben. Wie man sehen kann ist die Drillung proportional zum Torsionsmoment (Drehmoment), aber umgekehrt proportional zum Schubmodul. Für das polare Flächenträgheitsmoment gilt:


I_{P(x)}=\int r^2 \rm{d}A

mit \rm{d}A=\rm{d}x\rm{d}y und r^2=x^2+y^2.
Das Schubmodul selbst ist eine Proportionalitätskonstante und ergibt sich aus dem Verhältnis der erforderlichen Schubspannung pro Scherwinkeleinheit: \tau=G\cdot \gamma. Dieses Schubmodul bezeichnet man auch als Torsionsmodul und es handelt sich um eine Eigenschaft des Materials.
Betrachtet man einen Torsionsstab, so ist bei diesem die Länge l konstant. Daher ergibt sich hier für den Torsionswinkel:


\theta_l=\frac{M_t \cdot l}{G \cdot I_T}

und für das Torsionsmoment:


M_T=F \cdot r = \frac{\pi r^4}{2 l}G\theta_l

wobei F die Kraft am Hebel, mit dem man den Stab verdrillt, l die Länge des Stabes ist und I_T das Torsionsträgheitsmoment. Man benötigt also dieses Drehmoment um einen Stab mit konstantem Querschnitt d=2r um den Winkel \theta zu verdrillen.
Im Gleichgewicht wirkt dann allerdings noch ein durch elastische Kräfte verursachtes rücktreibendes Drehmoment, welches entgegengesetzt gleich dem ursprünglichen Moment sein muss. Das Richtmoment D* oder auch Winkelrichtgröße gibt an, welches rücktreibende Drehmoment wirkt, wenn ein Stab oder auch Draht, welcher an seinem oberen Ende eingespannt ist, an seinem unteren Ende um den Winkel \theta verdreht wird.


M_T=-D^* \theta\ \ \ \rightarrow \ \ D^*=\frac{\pi r^4}{2 l}G

Dieser Zusammenhang gilt allerdings nur für kleine Torsionswinkel \theta. Die Situation wird nocheinmal in der Graphik verdeutlicht.
Verdrillung eines an einem Ende eingespannten Stabes (Zylinder) um den Torsionswinkel theta.

Abb. 6138   Verdrillung eines Zylinders   Zoom   SVG (SVG)
Verdrillt man einen Körper durch ein äußeres Drehmoment so, dass er sich nicht mehr im Gleichgewicht befindet, so schwingt dieser Körper um seine Achse. Man bezeichnet dieses auch als Torsions- oder Drehschwingung. Die Bewegungsgleichung der Torsionsschwingung ergibt sich aus dem zweiten Newtonschen Gesetz, welches aussagt: F=m \cdot a. Für die Drehschwingung folgt mit dem Drehmoment M, dem Trägheitsmoment J und der Winkelbeschleunigung \ddot{\theta}:


M=J\cdot \ddot{\theta}

Daraus folgt:
Die Winkelbeschleunigung ergibt sich aus der Winkelrichtgröße und dem Torsionswinkel \theta:


\ddot{\theta}=-\frac{D^*}{J}\theta

Für den Torsionswinkel gilt:


\theta (t)=A\cdot \cos(\omega t + \phi)

A ist die Amplitude, \phi der Phasenwinkel und \omega die Kreisfrequenz. Für diese und die Frequenz f, sowie die Periode T folgt:


\begin{aligned}
 \omega &= \sqrt{\frac{D^*}{J}} \\
f &= \frac{1}{2\pi} \sqrt{\frac{D^*}{J}} \\
T &= 2 \pi \sqrt{\frac{J}{D^*}}
\end{aligned}

Wie man an Hand dieser Formeln sehen kann, ist es möglich das Trägheitsmoment eines Körpers mit Hilfe einer Drehschwingung und Messung der Schwingungsdauer zu bestimmen:


J=-\frac{D^* \theta}{\ddot{\theta}} = \frac{T^2}{4\pi^2}D^*