Zusammenfassung
Hintergrund
Klinisch ist COVID-19 (Corona Virus Disease 2019) mit einem breiten Spektrum an Symptomen verbunden, das von milden Beschwerden eines oberen Atemwegsinfekts bis zur lebensbedrohlichen hypoxischen respiratorischen Insuffizienz und Multiorganversagen reichen kann.
Fragestellung
Zu den initial identifizierten pulmonalen Schädigungsmustern, wie dem diffusen Alveolarschaden bei akutem Lungenversagen, gesellen sich neue Erkenntnisse, die ein komplexeres Szenario zeichnen. Hierzu gehören Mikrogefäßbeteiligungen und ein breites Spektrum assoziierter Pathologien multipler Organsysteme. Eine Rückskalierung mikrostruktureller Gefäßveränderungen ist durch gezielte Korrelation pathologischer Obduktionsergebnisse mit radiologischer Bildgebung möglich.
Material und Methoden
Radiologisch-pathologische Korrelation und mikroradiologische Bildgebung zur Untersuchung der Mikrogefäßbeteiligung bei letaler COVID-19.
Ergebnisse
Die Fälle zweier COVID-19-Patienten werden präsentiert. Patient 1 zeigte eine relative Minderperfusion in Lungenarealen, die radiologisch keine COVID-19-typischen Infiltrate aufwiesen; die gezielte autoptische Korrelation ergab auch in diesen Lungenabschnitten bereits subtile Zeichen eines Mikrogefäßschadens. Patient 2 zeigte radiologisch und pathologisch eine fortgeschrittene COVID-19-typische Lungenstrukturdestruktion; der Fall illustriert die Schädigungsmuster der Blut-Luft-Schranke. Die CT-morphologisch perfusionsgestörte Darmwand von Patient 2 konnte letztendlich mikroskopisch nicht eindeutig auf einen intestinalen Mikrogefäßschäden zurückgeführt werden.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse weisen neben der Mikrogefäßthrombosierung auf eine funktionelle pulmonale Vasodysregulation im Rahmen der vaskulären Phase von COVID-19 hin. Hervorzuheben sind die klinische Relevanz von Obduktionen und eine enge Verzahnung von radiologischen Bildbefunden mit histopathologischen Schädigungsmustern zum besseren Verständnis von COVID-19.
Abstract
Background
Clinically, coronavirus disease 2019 (COVID-19) is associated with a wide range of symptoms, which can range from mild complaints of an upper respiratory infection to life-threatening hypoxic respiratory insufficiency and multiorgan failure.
Objective
The initially identified pulmonary damage patterns, such as diffuse alveolar damage in acute lung failure, are accompanied by new findings that draw a more complex scenario. These include microvascular involvement and a wide range of associated pathologies of multiple organ systems. A back-scaling of microstructural vascular changes is possible via targeted correlation of pathological autopsy results with radiological imaging.
Material and methods
Radiological and pathological correlation as well as microradiological imaging to investigate microvascular involvement in fatal COVID-19.
Results
The cases of two COVID-19 patients are presented. Patient 1 showed a relative hypoperfusion in lung regions that did not have typical COVID-19 infiltrates; the targeted post-mortem correlation also showed subtle signs of microvascular damage even in these lung sections. Patient 2 showed both radiologically and pathologically advanced typical COVID-19 destruction of lung structures and the case illustrates the damage patterns of the blood-air barrier. The perfusion deficit of the intestinal wall shown in computed tomography of patient 2 could not ultimately clearly be microscopically attributed to intestinal microvascular damage.
Conclusion
In addition to microvascular thrombosis, our results indicate a functional pulmonary vasodysregulation as part of the pathophysiology during the vascular phase of COVID-19. The clinical relevance of autopsies and the integration of radiological imaging findings into histopathological injury patterns must be emphasized for a better understanding of COVID-19.
Bereits im Mai 2020 diskutierten Gattinoni et al., dass einige Patienten mit COVID-19 und akutem hypoxämischem Atemversagen eine relativ stabile Lungencompliance beibehalten [1]. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass neben der mit einem akuten Alveolarschaden in Zusammenhang stehenden Diffusionsstörung weitere Prozesse an der bei Patienten mit schwerer COVID-19 beobachteten Hypoxämie beteiligt sein könnten. Darüber hinaus wurden zwei theoretische Phänotypen abgegrenzt: der L‑Typ, der von einer niedrigen Elastance und einem niedrigen Ventilation-zu-Perfusions-Verhältnis geprägt ist, und der H‑Typ, der eine hohe Elastance und einen hohen Rechts-Links-Shunt aufweist, woraus unterschiedliche Behandlungsstrategien abgeleitet wurden [2]. Zeitgleich häuften sich Berichte zu „außergewöhnlich häufigen“ thromboembolischen Ereignissen bei hospitalisierten COVID-19-Patienten, woraus trotz zunächst fehlender randomisierter Evidenz eine frühzeitige, intensivierte Thromboseprophylaxe für Intensivpatienten mit COVID-19 abgeleitet wurde [3]. Mit der Veröffentlichung erster Obduktionsreihen an COVID-19 verstorbenen Patienten konnten erste pathophysiologische Erklärungsansätze für diese Beobachtungen aufgezeigt werden: Ackermann et al. konnten eine Endothelialitis kleinster pulmonaler Blutgefäße, eine im Vergleich zur Influenzapneumonie und einer nichtinfizierten Kontrollgruppe erhöhte Mikrogefäßthrombosierung und konsekutiv eine gesteigerte Angiogenese nachweisen [4]. Eine räumlich-zeitliche Entwicklung der pulmonalen und mikrovaskulären Schädigungsmuster wurde anhand von topographischer Läsionsverteilung, Erkrankungsdauer und Dauer der invasiven Beatmung durch Kommoss et al. abgeleitet [5]; aus letzterer Obduktionskohorte entstammen auch die zwei hier im Detail präsentierten Fälle.
Der radiologischen Bildgebung – vor allem in Form der Computertomographie (CT) des Thorax – kommt in der Diagnostik bei Patienten mit V. a. COVID-19-Pneumonie und in der Verlaufsbeurteilung bei Verschlechterung der respiratorischen Symptomatik bestätigter COVID-19-Patienten eine entscheidende Rolle zu [6]. Hierbei lassen sich typische durch die SARS-CoV-2-Infektion hervorgerufene radiologische Muster abgrenzen, die den Verdacht auf eine COVID-19-Lungenerkrankung erhärten oder entkräften können. Zudem kann die Bildgebung in der Differenzialdiagnostik wegweisend sein. Wenn differenzialdiagnostisch z. B. der Verdacht auf eine Lungenarterienembolie besteht, sollte die CT-Untersuchung kontrastmittelgestützt erfolgen. Die Dual-Energy- bzw. Spektral-CT-Bildgebung kann dann zur Charakterisierung der Lungenperfusion verwendet werden [7]. In diesem Kontext berichteten Lang et al. bereits von auffälligen Perfusionsanomalien: Zusätzlich zu den typischen CT-Merkmalen einer COVID-19-Pneumonie wurden „deutliche Dilatationen und Tortuositäten“ der Lungengefäße innerhalb oder in der Umgebung von COVID-19-typischen Läsionen beschrieben. Zudem wurde von deutlich reduzierter Perfusion innerhalb der Läsionen und gesteigerter Perfusion proximal und um die Läsionen berichtet [7].
In diesem Artikel werden anhand von zwei exemplarischen Fällen Ausprägungsformen der Mikrovaskulopathie im Zusammenhang mit COVID-19 präsentiert. Beide Patienten zeigten Perfusionsauffälligkeiten in der kontrastmittelgestützten Spektral-CT von Thorax und Abdomen, zu denen eine gezielte mikroradiologische und pathologische Korrelation anhand der Obduktionspräparate erfolgte.
Material und Methoden
Alle organisatorischen und räumlichen Vorsichtsmaßnahmen, die zum Personal- und Infektionsschutz notwendig sind, wurden berücksichtigt. Klinische CT-Untersuchungen erfolgten an einem Dual-layer-CT-System mit 64 Detektorzeilen (iQon Spectral CT, Philips Healthcare, Best, Niederlande). Zur Kontrastverstärkung wurde ein Hochdruckinjektor verwendet, um ein Kontrastmittelvolumen von 95 ml (Accupaque 350 mgI/ml; GE Healthcare, Braunschweig, Deutschland) mit einer Flussrate ≥3,0 ml/s zu injizieren. Die Durchführung der Obduktionen erfolgte nach einem standardisierten Verfahren und wurde detailliert bereits an anderer Stelle beschrieben [5]. Zusammenfassend wurden die Lungen nach trachealer Instillation und Spülung der großen Pulmonalgefäße mit 4 % Formalin für >72 h in 4 % Formalin nachfixiert. Die fotodokumentierte Präparation der Lungen erfolgte in axialer Schichtung zu ca. 1 cm starken Lamellen. Jeweils direkt angrenzende Lamellen wurden hier zur histopathologischen und mikroradiologischen Untersuchung verwendet. Nach Paraffineinbettung wurden histopathologische Schnittpräparate von Gewebeproben angefertigt und nach Standardprotokollen für Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE) und saurem Fuchsin-Orange G (AFOG) gefärbt. Die Trocknung fixierter Lungenlamellen erfolgte durch eine aufsteigende Ethanolreihe, Behandlung mit Hexamethyldisilazan und anschließender Lufttrocknung wie zuvor beschrieben [8]. Die mikroradiologische Bildgebung der getrockneten Lamellen erfolgte mittels eines experimentellen photonenzählenden Ganzkörper-Computertomographen (Somatom CounT, Siemens Healthineers, Forchheim, Germany) im ultrahochauflösenden (UHR) Modus mit einer Pixelgröße von 270 × 270 µm und einer Schichtdicke von 500 µm sowie mittels eines Bruker SkyScan 1176 Mikro-Computertomographen (µCT) mit einer resultierenden Voxelkantenlänge von 9 µm, wie bereits detailliert an anderer Stelle beschrieben [9]. Die digitale µCT-Bilddatenanalyse erfolgte mit den Analyseprogrammen VGSTUDIO Max 3.4.0 (Volume Graphics, Heidelberg, Deutschland) und CTVox 3.1.1 (Bruker Biospin, Rheinstetten, Deutschland).
Ergebnisse
Patient 1
Klinische Epikrise.
71-jähriger Mann, der 4 Tage nach Symptombeginn mit hohem Fieber und V. a. COVID-19 stationär aufgenommen wurde. Drei Tage nach Aufnahme wurde mittels eines nasopharyngealen Abstrichs und RT-PCR (Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion) eine Infektion mit SARS-CoV‑2 bestätigt. Nach 3‑tägiger nichtinvasiver Beatmungstherapie mit nasaler High-flow-Oxygenierungstherapie (HFNO) erfolgte bei respiratorischer Verschlechterung die Intubation und invasive Beatmung für insgesamt 486 h (Tab. 1 und 2). Nach einmaliger Extubation erschöpfte sich der Patient respiratorisch bei bestehender Hypoxämie, sodass eine Re-Intubation und invasive Beatmung erfolgten; 14 Tage nach Re-Intubation verstarb der Patient.
Radiologische Befunde und histopathologische Korrelation.
Am 25. Behandlungstag, 5 Tage vor dem Versterben des Patienten, erfolgte bei klinischer Verschlechterung mit V. a. einen zusätzlichen abdominellen Infektfokus eine kontrastmittelgestützte CT Thorax/Abdomen (Tab. 3). Es zeigten sich schwere Ausprägungsformen einer COVID-19-Lungenerkrankung mit bilateralen, fleckigen Milchglasinfiltraten, Konsolidierungen, retikulären Zeichnungsvermehrungen und linearen parenchymatösen Verdichtungen (Abb. 1b). In der Jodkarte (Abb. 1a) zeigte sich zentral im rechten Oberlappen ein relativ minderkontrastiertes Areal ohne Nachweis der o. g. COVID-19-typischen Läsionen im Lungenfenster (Abb. 1e, f). Zwischen der klinischen CT-Bildgebung und dem Versterben des Patienten lagen 5 Tage. Makropathologisch korrelierte das in der CT relativ minderperfundierte Lungenareal mit einem Bezirk weniger konsolidierten Lungenparenchyms von weicherer Konsistenz (Abb. 1c, d): ein Befund, der auf belüftetes, strukturell weniger geschädigtes Lungengewebe hinweist. Nach Dehydration der Lungenlamelle ließen sich mikroradiologisch ebendort kleinste sphärische Verdichtungen abgrenzen (Abb. 1g, h, k–n). Die gezielte histopathologische Korrelation der zentralen Anteile der direkt angrenzenden Lamelle 6 zeigte fokale alveoläre Hämorrhagien und vereinzelte fibrinoide Mikrogefäßthromben in der direkten Umgebung der Einblutungen (Abb. 1i, j). Die alveoläre Parenchymarchitektur war weitgehend erhalten, fortgeschrittene emphysematöse, fibrosierende oder desquamative entzündliche Veränderungen waren nicht nachweisbar.
Patient 2
Klinische Epikrise.
76-jähriger Mann, der eine Woche nach Symptombeginn mit Fieber, Dyspnoe und Abgeschlagenheit stationär aufgenommen wurde. Die Intubation erfolgte am 9. Behandlungstag, der Patient wurde für insgesamt 643 h invasiv beatmet (Tab. 1 und 2). Er zeigte ein prolongiertes Weaning und erhielt eine plastische Tracheotomie. Während der Entwöhnung von der invasiven Beatmung war es intermittierend nach einem Protokoll möglich, ihn in die Spontanatmung zu überführen. Eine 24-h-Spontanatmung ohne Unterstützung des Beatmungsgeräts konnte der Patient nicht durchführen. Er entwickelte erneut eine respiratorische Verschlechterung und verstarb 6 Tage nach Beginn des Weaning-Protokolls.
Radiologische Befunde und histopathologische Korrelation.
Am 33. Behandlungstag wurde der Patient zunehmend hämodynamisch instabil. Die durchgeführte kontrastmittelverstärkte CT Thorax/Abdomen wenige Stunden vor dem Versterben des Patienten zeigte Zeichen einer COVID-19-Pneumonie, wobei diffuse Milchglastrübungen dominierten und narbige periphere Zeichnungsvermehrungen abgrenzbar waren (Abb. 2a, c; Tab. 3). In der Jodkarte ließen sich keine eindeutigen pulmonalen Perfusionsanomalien abgrenzen (Abb. 2b). Die Makro- und Mikropathologie der Lunge zeigte fortgeschrittene, regional variable SARS-CoV-2-bedingte Schädigungsmuster der Lunge mit einem Nebeneinander von Lungenarealen mit prominenter Hyper- und Metaplasie der Typ-II-Pneumozyten und ausgeprägten interstitiellen und perimikrovaskulären Lymphozyteninfiltraten in Nachbarschaft zu Bereichen mit alveolären hyalinen Membranen als Ausdruck einer frischen alveolokapillären Barrierestörung (Abb. 2d, g). Zudem zeigte sich fokal bereits eine Fibrosierung des pulmonalen Interstitiums (Abb. 2h). Abdominell imponierten radiologisch Zeichen einer mesenterialen Ischämie, wobei das vollständige Kontrastierungsdefizit der Darmwand aboral des Treitz-Bands bei erhaltener Kontrastierung der A. mesenterica superior auffiel (Abb. 3a–d). Makropathologisch bestätigte sich die mesenteriale Ischämie, und mikroskopisch war eine intramurale Perfusionsstörung mit Gefäßdilatation und -hyperämie nachweisbar (Abb. 3e–g).
Diskussion
Patient 1
Die beobachteten Perfusionsdefizite in Lungenarealen ohne computertomographische COVID-19-typische Veränderungen, wurden durch die jeweiligen Jodkarten detektiert. Hinweise auf eine Lungenarterienembolie, ein durch Mucus Plugging bedingtes Air Trapping mit konsekutiver hypoxischer Vasokonstriktion oder verminderte Gefäßdichte durch Emphysem zeigten sich nicht. In Zusammenschau mit den mikroradiologischen und histopathologischen Befunden wiesen die Perfusionsdefizite auf ein relatives Versagen der physiologischen Vasokonstriktion der pulmonalen Endstrombahn bei Hypoxie als Ausdruck einer Schädigung der pulmonalen Mikrogefäßstrombahn hin. Dieses als Euler-Liljestrand-Mechanismus bekannte Regulationsphänomen stellt physiologisch die Perfusion von ventiliertem Lungenparenchym durch Reduzierung der Durchblutung nichtbelüfteter Areale sicher. Die gelegentlich nachweisbaren fibrinoiden Mikrogefäßthromben scheinen das Ausmaß des Perfusionsdefizits nicht hinreichend zu erklären. Diese Hypothese wird gestützt durch aktuelle Studien, die auf einen direkten Mikrogefäßschaden bei COVID-19 hinweisen [4, 5]. Möglicherweise ist der Mikrogefäßschaden auf die bekanntermaßen hohe Expression der Metallopeptidase Angiotensin-Converting Enzyme 2 (ACE2) auf humanem pulmonalem Gefäßendothel zurückzuführen, was eine SARS-CoV-2-Infektion von Endothelzellen ermöglichen könnte [10, 11]. Ein eindeutiger Nachweis von SARS-CoV‑2 in kapillaren Lungenendothelzellen und eine damit verbundene direkte Schädigung wurden bislang nicht angeführt. Kürzlich häuften sich darüber hinaus Hinweise auf eine zusätzlich hohe Expression von ACE2 auf Perizyten, eine dem Bindegewebssystem zugehörige Zellpopulation, die auf der Außenseite von Kapillargefäßen lokalisiert ist und durch ihre Kontraktibilität an der Regulierung des Gefäßlumenquerschnitts und letztlich der Perfusion beteiligt ist [12,13,14]. Die Zellpopulationen mit hoher ACE2-Expression sind schematisch im Kontext eines pulmonalen Alveolus dargestellt (Abb. 4) und tabellarisch aufgeführt (Tab. 4).
Die zum Teil kräftige Perfusion von COVID-19-typischen Lungenläsionen weist (Abb. 5) ebenfalls auf ein Versagen der hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion hin. Darüber hinaus könnte die Hyperperfusion von Läsionen in Zusammenhang mit der von Ackermann et al. beschriebenen aberranten Angiogenese einem lokalen Kompensationsmechanismus entsprechen, der nach Schädigung des Gefäßendothels als Antwort auf eine lokale Mikrothrombosierung sowie durch immunologische Reaktionen und Veränderungen in der mikrovaskulären Hämodynamik stimuliert werden könnte [4]. Die in der CT abgrenzbaren Perfusionsstörungen sind somit als Ausdruck der klinisch beobachteten intrapulmonalen Rechts-Links-Shunts und der Verschlechterung des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses anzusehen, die letztlich zur Hypoxie beitragen.
Eine Hypoperfusion in Lungenabschnitten, die CT-morphologisch COVID-19-typische Veränderungen aufweisen, wie von Lang et al. beschrieben [7], könnten entweder Ausdruck einer noch physiologischen hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion bei relativer Reduktion alveolarer Ventilation sein oder bereits auf eine kapillare Mikrothrombosierung hinweisen. Eine relative Hypoperfusion von Lungenabschnitten, die keine COVID-19-typischen Läsionen tragen, wie im hier präsentierten Fall, stellt klinisch ebenfalls eine relevante Situation dar, da in diesem Fall der Gasaustausch gerade in jenem Lungengewebe kompromittiert ist, das von Seiten der Ventilation noch zu einer Kompensation der Hypoxie fähig wäre. Das Nebeneinander von hyperperfundierten Läsionen und minderperfundierten belüfteten Lungenarealen kann hämodynamisch auch im Sinne eines lokalen intrapulmonalen Steal-Phänomens betrachtet werden. Das Auftreten des relativ hypoperfundierten Areals ohne Milchglastrübungen oder Konsolidierungen scheint nicht lediglich Ausdruck einer normalen Perfusion zu sein, da sich in den apikalen Abschnitten des rechten Oberlappens auch Bereiche finden, die ohne Nachweis von Milchglastrübungen eine relativ höhere Perfusion zeigen (Abb. 6). Zudem zeigte die korrelierende histopathologische Aufarbeitung, dass relativ perfusionsgeminderte Abschnitte strukturelle Zeichen einer Mikrogefäßschädigung aufweisen können (Abb. 1i, j).
Patient 2
Pulmonal war eine fortgeschrittene COVID-19-Lungenerkrankung mit einem Nebeneinander von akutem Alveolarschaden, frustraner Reparation und Fibrose mit entsprechenden funktionellen Implikationen für die Blut-Luft-Schranke und dem alveolären Gasaustausch zu verzeichnen. Das zudem bestehende, ausgeprägte intestinale Kontrastierungsdefizit ohne Nachweis eines Gefäßverschlusses größerer Mesenterialgefäßäste bewegte uns zur gezielten pathologischen Korrelation und Analyse der mesenterialen kapillären Endstrombahn, in der sich histologisch eine intramurale Perfusionsstörung nachweisen ließ. Wenngleich histologisch keine Mikrogefäßthrombosen nachgewiesen wurden, scheint es naheliegend, dass diese aufgrund einer möglichen umschriebenen, segmentalen Ausbildung in den angefertigten Schnittstufen nicht erfasst wurden. Diese Annahme wäre im Einklang mit der Lungenpathologie, bei der umschriebene Mikrothrombosierungen auch einen erheblichen Einfluss auf die Perfusion benachbarter Lungenabschnitte haben. Differenzialdiagnostisch könnte die Darmischämie auch als Folge einer Low-output-Symptomatik bei COVID-19-bedingtem kardiopulmonalem Versagen zurückgeführt werden. Inwieweit darüber hinaus lokale COVID-19-bedingte Mechanismen einer intestinalen mikrovaskulären Dysregulation eine Rolle gespielt haben könnten, ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.
Fazit für die Praxis
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Die Behandlung des akuten Atemversagens bei Patienten mit COVID-19 bleibt aufgrund des noch geringen Verständnisses der zugrunde liegenden Pathophysiologie eine Herausforderung.
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Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass neben der pulmonalen Mikrogefäßthrombosierung eine funktionelle Vasodysregulation benachbarter Lungenabschnitte bei der COVID-19-Pneumonie auftritt. Diese könnte durch einen kompromittierten Euler-Liljestrand-Mechanismus erklärt werden.
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Zur abschließenden Bewertung scheinen weitere skalenübergreifende Struktur- und Funktionsanalysen der Gefäß- und Perfusionsveränderungen bei Patienten mit COVID-19 durch die bildgebenden diagnostischen Disziplinen dringend erforderlich.
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Interessenkonflikt
W.L. Wagner, K. Hellbach, M.O. Fiedler, G.A. Salg, E. Wehrse, C.H. Ziener, U. Merle, C. Eckert, T.F. Weber, W. Stiller, M.O. Wielpütz, C. Dullin, H.G. Kenngott, H.-P. Schlemmer, M.A. Weigand, P. Schirmacher, T. Longerich, H.-U. Kauczor, F. K. Kommoss und C. Schwab geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Studie wurde vorab von der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg genehmigt (Nr. S‑242/2020). Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen oder an menschlichem Gewebe wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt.
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Wagner, W.L., Hellbach, K., Fiedler, M.O. et al. Mikrovaskuläre Veränderungen bei COVID-19. Radiologe 60, 934–942 (2020). https://doi.org/10.1007/s00117-020-00743-w
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